11. August 2011
Steueramnestie-Abkommen

Ulrich Thielemann
Kategorie: Steuergerechtigkeit

Das am 10. August paraphierte Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz muss noch von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Warum dies scheitern soll, zeigt Sven Giegold sehr schön auf. Auch die Beiträge auf dem Blog des Netzwerks Steuergerechtigkeit zeigen die Zusammenhänge gut auf.

Ich ermuntere zur Unterzeichnung des von Campact initiierten Appells.

Aus meiner Sicht sprechen vor allem die folgenden Gründe gegen eine Ratifizierung:

  • Die Bemühungen zum Übergang zu einem globalen Regime des Informationsaustausches (Wohnsitz- und Welteinkommensprinzip) werden hintertrieben.
  • Das Privilegierung von Kapitaleinkommen (und dies in Blasenzeiten) durch Unterlaufen der Progressivität der Kapitaleinkommensbesteuerung (deutsche "Abgeltungssteuer"), die nur aufgrund von Mängeln der sog. "Vollzugsrealität" bei der "Besteuerung von Einkünften aus ins Ausland transferiertem Kapitalvermögen" vom Bundesverfassungsgericht nicht kassiert wurde (vgl. hier), würden nun zur Referenz eines (für Deutschland) völkerrechtlich bindenden Regimes. Der eine Missstand begründete vorläufig den anderen Missstand und dieser wiederum soll nun den ersten Missstand auf Dauer stellen.
  • Offenbar SOLL die Vereinbarung pekuniäre Steuerflucht weiterhin erlauben (keine Verwendung von gestohlenen Daten-CDs - wobei die Daten Deutschland rechtmäßig zustehen; eine willkürliche Begrenzung Kontenabfragen).
  • Der wichtigste Punkt ist vermutlich der Folgende: In den letzten 2-3 Jahrzehnten hat sich eine gigantische Kapitalblase angesammelt. Die Realwirtschaften sind nicht in der Lage und sollen nicht in die Lage versetzt werden, die diesen Berg an Kapital korrespondierenden Renditen zu erwirtschaften. Ein krisenfreier Weg des Abbaus des Kapitals ist vor allem der der Besteuerung. (Übrigens: der Grenzsteuersatz lag in den Wirtschaftswunderzeiten der Nachkriegszeit in den USA bei über 90%.) Dieser Weg würde durch das Abkommen deutlich erschwert und ein Präjudiz geschaffen, das in die falsche Richtung weist.

Das Abkommen wird nicht ratifiziert, wenn die öffentliche Empörung breit genug ist und dezidiert genug auftritt. Siehe etwa den natürlich ganz anderes gelagerten Fall Putin/Quadriga-Stiftung - wobei die Sache hier 1. viel wichtiger und 2. viel komplizierter ist.